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Sobald wir die Carabinieristation San Giuliani betreten hatten, wurden wir
als black block angeredet und uns schlug eine Welle des Hasses
entgegen. Bald stellte sich heraus, dass das auch physische Auswirkungen
hatte. Die Prozedur auf der Carabinieristation beinhaltete eine aerztliche
Untersuchung, Leibesvisitation, Fotos wurden von uns gemacht und trotz gegenteiliger
Versicherungen wurden uns die Fingerabdrücke abgenommen. Alle Proteste
gegen dieses illegale Vorgehen, wir waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht
unter Arrest gestellt, wurden mit Schlägen und Einschüchterungen
beantwortet.
Es brauchte nicht viel zu diesem Zeitpunkt, um die Gewalt der Polizei auszulösen.
Die Männer wurden geschlagen, nur weil sie sich im selben Raum mit
Polizisten befanden. Begleitet von Kommentaren wie we will kill you,
we will break you gab es Schläge auf die Beine, gegen die
Rippen, Tritte in die Eier und in den Rücken. Die Polizei war sehr
sorgfältig, wie sie uns schlug, um uns, wie sie meinten weiss
zu lassen . Erniedrigung war eine andere Art der Folter, die sie anwandten.
Einige Männer mussten einen Raum der Carabinieristation putzen während
sie dabei die ganze zeit geschlagen wurden.
Frauen, die auf die Toilette gingen, mussten sich bei offener Türe
und vor männlicher Begleitung, die ihnen dabei zusah, ausziehen. Während
der Leibesvisitation mussten wir uns nackt mehrfach niedersetzen und aufstehen,
viele mit dem Rücken zur Wand, währenddessen sie von hinten geschlagen
wurden. Persönliche Habe wurde weggeschmissen. Einem haben sie sogar
die Haare geschnitten, nachdem sie ihn schwer verdroschen haben..
Die PPolizei benutze zur Einschüchterung schwarze Handschuhe für
die Durchsuchungen und die Schläge. Während der Nacht hörten
wir Schreie hinter den Türen. Der Terror am Korridor, auf dem wir die
ganze nacht über mit angezogegnen Beinen sitzen mussten, ohne uns bewegen
oder sprechen zu dürfen, wurde ergänzt durch Polizisten, die uns
über ihr Nazi Ego erzählten, untermalt durch Heil
Hitler, Sieg Heil, Viva Mussolini il Duce
Brüllereien wurde uns erklärt We are Nazis and we kill people
like you. Ein Polizist zeigte uns sein Hakenkreuz, dass er in der
Handfläche trug. Er war auch der Polizist, der die Frauen ständig
aufforderte Suck my dick und Fuck Me, was nur ein
Teil der sexualisierten Belästigungen gegen die Frauen war, die von
Begrabschungen bis zu Androhungen von Vergewaltigung gingen.
Bevor wir die Carabinieristation verliessen, Männer und Frauen nun
getrennt, wurden wir in kleine Zellen ohne Decken und mit offenen Fenstern
gesteckt.
Am frühen Morgen mussten wir mit erhobenen Händen, einer schmerzhaften
Position, die Krämpfe verursacht, herumstehen, bevor uns Handschellen
angelegt wurden und wir in Ketten abgeführt wurden. Irgendwer beschwerte
sich, dass die Handschellen zu eng waren woraufhin sie noch enger zusammengezogen
wurden. Das Gefühl der Gruppe war, dass das erst der Anfang war. Die
Frauen wurden ein paar Stunden später weggeführt, nicht wissend,
was mit den Männern passiert war. Im Gefängnis in Alesandria wurden
die Männer befragt und mussten am Boden schlafen, bevor sie in die
Zellen gebracht wurden. Die Frauen wurden nach Voghera gebracht, wo auch
schon die grösstenteils schwer verletzten Frauen aus der Scuola Diaz
hingebracht worden waren.
Die ersten paar Tage mussten sie hilflos mitansehen, wie diesen Frauen dringend
benöötigte ärztliche Hilfe verweigert wurde. So wurde zum
Beispiel einer Frau mit gebrochenem Arm der Gips erst gewechselt, als die
Hand schon tief blau war. Einer anderen Frau, der die Polizei mit einem
Schlagstock den Kiefer und die Zähne eingeschlagen hatte, war es errst
sehr spät möglich, einen Zahnartzt aufzusuchen. Einer Frau mit
einer schweren chronischen Krankheit wurden bis zu ihrer Entlassung die
dringend benötigten Medikamente verweigert.
In den folgenden drei Wochen der Ungewissheit und des Informationsmangels
wurden uns anfangs weder Besuche noch Telefongespräche erlaubt, den
meisten wurde es bis zum Schluss verrweigert zu telefonieren.
Der Kontakt zu unseren AnwältInnen war rudimentär. Nach der Haftprüfung
am Donnerstag, einer juristischen Farce, hunzmiserabel übersetzt, ohne
das wir davor unsere AnwältInnen gesehen hätten, ein erneuter
Tiefpunkt, als wir erfuhren, das wir noch länger im Gefängnis
bleiben müssen. Bis heute liegt uns keine deutsche übersetzung
der Anzeigen vor.
Im 2. Akt des Staatstheaters sprach das juristische
Staatstheater plötzlich davon, wir wären eine Kriminelle Vereinigung
und hätten die Stadt Genua zerstört und dafür ständen
15- 18 Jahre Gefängnis. Es folgte ein 3 wöchiges lähmendes
Trauerspiel im Gefängnis, während dem wir in Österreich zu
Statistinnen in einem Sommertheater wurden: in den Hauptrollen eine grinsende
Aussenministerin und ein cooler Innenminister, die uns vorverurteilten und
verleumdneten.
Der 3. Akt endete nach einem Gerichtsspektakel
im bombastischen Mafiaverhandlungssaal mit der Haftentlassung.
Die internationale Volxtheaterkarawane tritt für das Recht der Freiheit
auf Bewegung ein sowie für die Abschaffung von Schubhaft und
Deportation.
Am Ende folgte für alle 25 eine demütigende Abschiebung, die sich
nach gewohnt rassistischen Auswahlkriterien abspielte.: die meisten wurden
an der Brennergrenze ausgesetzt - die 2 SlowakInnen der Karawane wurden
vor ihrer Abschiebung in Schubhaft genommen, ebenso 2 der 3 anderen nicht
EU-Bürgerinnen, die gegen ihren Willen dann in die USA und nach Australien
deportiert wurden.
Zusätzlich wurden über alle teils unbefristete Aufenthaltsverbote
für Italien - für die 2 aus der Slowakei und denjenigen aus Australien
für den ganzen Schengenraum verhängt.
Die Einsprüche dagegen wurden in den meisten Fällen abgelehnt.
Nur in einigen Fällen wurden sie aufgehoben; nach welchen Kriterien
da vorgegangen wurde, ist uns unklar.
Nach Monaten wurden von den von unseren persönlichen Dingen einzig
die Fahrzeuge, Schlafsäcke und Isomatten zurückgegeben. Von einer
Bankomatkarte eines Karawanenmitgliedes wurden, während er sich im
Gefängnis und seine Sachen in polizeihänden befand, in Italien
18 000 Schilling abgehoben. Unser technisches Equipment - Computer, Kameras,
Minidiscrecorder - wurden auch nicht zurückgegeben, obwohl es selbst
für die Polizei möglich sein dürfte, eine Festplatte zu kopieren,
um ihren Inhalt zu überprüfen.
Viele unserer Sachen, z.B. das gesamte Werkzeug des Busfahrers, scheinen
auf keiner Liste von beschlagnahmten Gegenständen auf, selbst ein Autoradio
fehlte bei der Herausgabe der Fahrzeuge.
Uns wird vorgeworfen, eine kriminelle Vereinigung zum Zwecke der Sachbeschädigung
und Plünderung zu sein. Wer aber hat uns der Freiheit beraubt und aufs
Primitivste ausgeplündert?
Nach der ungerechtfertigten Haft letzten Jahres, die aufgrund von haarsträubenden
"Beweisen" wie mitgeführten Feuerjonglierutensilien und schwarzer
Unterwäsche verhängt wurde, warnt der Schengen Informations System
Eintrag über uns: "Achtung gewälttätig"
in einer zumindest in Deutschland zugänglichen Datei, die von Strassenpolizisten
zu öffnen ist, werden wir gemeinsam mit in Prag bei den Proteasten
gegen die Weltbank misshandelten und Verhafteten gar als "TerroristInnen"
geführt. Die Aufenthalte an den inneren und äusseren EU-Grenzen
dauern seitdem oft Stunden
doch die karawane zieht weiter!
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