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Die Idee zu dieser Kommission entstand in den Strassen von Genua aufrund
der massiven Grundrechtseinschränkungen während des G8-Gipfels.
Diese Kommission setzt sich aus AnwältInnen, SchriftstellerInnen und
KünstlerInnen (z.b. Dario Fo) aus mehreren europäischen Ländern
zusammen; ihr erstes erklärtes Ziel ist es, die Repression während
und nach dem G8-Gipfel 2001 zu untersuchen.
Rudolf Schaller (Anwalt, Präsident der Europäischen Vereinigung
von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der
Welt) beklagte die vermehrte Willkür in der Gesetzgebung und die "Gesetzgebung
ausserhalb des Rechts", durch die Menschen ausserhalb des Rechtsrahmens
gestellt werden. Dies führe zu einer immer stärkeren Rechtsungleichheit.
Tony Bunyan (StateWatch Europeund Human Rights Watch) versuchte die Veränderungen
in der Rechtsauffassung der letzten Jahre zu beschreiben und unterstrich
dabei die Gefahr der neuen "Antiterrorgesetze" die einem Grundrechtsgedanken
widersprechen und alle zu potentiellen Staatsfeinden machen.
Nach den eher allgemein gehaltenen ersten beiden Statements erläuterte
daraufhin Gilberto Pagani (Anwalt, Genova Legal Forum) die Ergebnisse der
Kommission zur Repression von Genua und den dortigen Grundrechtsverletzungen.
Ungefähr 3000 Leuten wurde die Einreise nach Italien verwehrt unter
anderem aufgrund der mysteriösen Schwarzen Listen. In der roten und
gelben Zone in Genua waren die Verfassungsrechte aufgehoben und vor allem
das Recht auf freie Meinungsäusserung ausser kraft gesetzt. Am 20.
und 21. Juli 2001 kam es in den Strassen von Genua zu einer Jagd auf Menschen
durch die Polizei.
Sogar Amnesty International spricht von den Vorkommnissen in der Kaserne
Bolzaneto von Folter (einer Auffasssung, der sich Pagani anschliesst). Die
anwältliche Vertretung der Gefangenen wurde oft erschwert und manchmal
auch gar nicht gestattet. Das Genova Legal Forum hat, so Pagani, das Ziel,
allen Repressionsopfern von Genua mindestens eine "gute technische
Verteidigung" zu sichern und dass alle Anklagen fallen gelassen werden.
Laut Pagani beginnen nun die ersten Prozesse gegen einzelne DemonstrantInnen,
denen konkrete Straftaten vorgeworfen werden. Am 5. Dezember beginnt der
Prozess gegen einen Aktivisten aus Deutschland. Diese prozesse seien (laut
Pagani) isolierte Fälle, die angeblich nicht in Verbindung stehen mit
jenen Prozessen, die zur Konstruktion des Schwarzen Blocks angeleiert wurden.
Zur Zeit laufen rund 300 Anzeigen des Genova Legal Forum gegen PolizistInnen,
davon gegen 40 Polizisten, die an dem Überfall auf die Schule Diaz
teilgenommen haben, 10 Offiziere und 20 Bullen der Gefängnispolizei
(Bolzaneto). Einige Polizisten konnten durch Film- und Fotomaterial identifiziert
werden und ihnen konkrete straftaten vorgeworfen werden. Ziel des GLF ist
es aber darüberhinaus, dass diese PolizistInnen wegen der Bildung einer
krimminellen Vereinigung (hierarchisch strukturierte Gruppe, bewaffnet mit
dem Vorsatz zur Begehung von Straftaten, wie es z.B. in der Scuola Diaz
geschehen ist) angeklagt werden.
Derzeit sind 5 StaatsanwältInnen mit den Ermittlungen gegen DemonstrantInnen
beschäftigt, ihnen stehen alle möglichen Mittel, wie z.b. Foto-
und Filmerkennungsprogramme zur Verfügung. Nur zwei StaatsanwältInnen
bearbeiten die Anzeigen gegen Mitglieder der "Ordnungskräfte".
Den zweien sind aber weit nicht so viele Mittel zur Verfügung gestellt
worden, mit der Begründung, dass die Polizei nicht gegen die Polizei
ermitteln könne.
Nicola Canestrini (Anwalt GLF und Autor der Studie "Chemische Waffen
und Meinungsäusserungsrechte") sprach in seinem Statement lange
zum Recht auf Gesundheit, dem Einsatz von CS-Gas in Genua, den Konventionen,
die den Einsatz von Giftgas regeln, und bezeichnete Genua als "Wunde
der Demokratie". Er forderte, nicht nur einzelne Polizeiangehörige
gerichtlich zu verfolgen, sondern auch die politischen Hierarchien, die
hinter der Polizeigewalt standen und stehen. Am 20. und 21. Juli des letzten
Jahres wurden in genua 6200 Tränengasgeschosse abgefeuert. Nicht nur
die Kleintierhandlungen Genuas hatten nach dem G8 eine überdurchschnittliche
hohe Mäuse- und Kaninchensterblichkeit, auch einzelne DemoteilnehmerInnen
haben immer noch mit gesundheitlichen Schäden zu leben. Ziel des GLF
ist es auch, eine Untersuchung zu erwirken, die die Zusammensetzung des
CS-und dessen Trägergasen und deren Folgen unter die Lupe nimmt.
In der anschliessenden Diskussion wurden vor allem noch die Frage der polizeilichen
Datenbeschaffung, -weitergabe und -speicherung vertieft wie durch die Datei
der "links motivierten" Straftaten in Deutschland oder das Schengen-Informations-System.
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