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  04.10.02   volxtheater
Bericht aus Bern

Mitglieder der "Internationalen Untersuchungskommission zum Erhalt der Grundrechte unter den Bedingungen der Globalisierung"
  präsentierten ihre Resultate zu Genua.
 
Rudolf Schaller, 

Anwalt, Präsident der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt, EJDM (Bellinzona/Genf)
  Tony Bunyan,  Anwalt, Statewatch Europe und Human Rights Watch (London)
Gilberto Pagani, Anwalt, Genova Legal Forum (Milano)
  Nicola Canestrini,  Anwalt, Studien für den Frieden und Autor der Studie «Chemische Waffen und Meinungsäusserungsfreiheit», Genova Legal Forum (Trento)
   
Die Idee zu dieser Kommission entstand in den Strassen von Genua aufrund der massiven Grundrechtseinschränkungen während des G8-Gipfels. Diese Kommission setzt sich aus AnwältInnen, SchriftstellerInnen und KünstlerInnen (z.b. Dario Fo) aus mehreren europäischen Ländern zusammen; ihr erstes erklärtes Ziel ist es, die Repression während und nach dem G8-Gipfel 2001 zu untersuchen.

Rudolf Schaller (Anwalt, Präsident der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt) beklagte die vermehrte Willkür in der Gesetzgebung und die "Gesetzgebung ausserhalb des Rechts", durch die Menschen ausserhalb des Rechtsrahmens gestellt werden. Dies führe zu einer immer stärkeren Rechtsungleichheit.

Tony Bunyan (StateWatch Europeund Human Rights Watch) versuchte die Veränderungen in der Rechtsauffassung der letzten Jahre zu beschreiben und unterstrich dabei die Gefahr der neuen "Antiterrorgesetze" die einem Grundrechtsgedanken widersprechen und alle zu potentiellen Staatsfeinden machen.

Nach den eher allgemein gehaltenen ersten beiden Statements erläuterte daraufhin Gilberto Pagani (Anwalt, Genova Legal Forum) die Ergebnisse der Kommission zur Repression von Genua und den dortigen Grundrechtsverletzungen.

Ungefähr 3000 Leuten wurde die Einreise nach Italien verwehrt unter anderem aufgrund der mysteriösen Schwarzen Listen. In der roten und gelben Zone in Genua waren die Verfassungsrechte aufgehoben und vor allem das Recht auf freie Meinungsäusserung ausser kraft gesetzt. Am 20. und 21. Juli 2001 kam es in den Strassen von Genua zu einer Jagd auf Menschen durch die Polizei.
Sogar Amnesty International spricht von den Vorkommnissen in der Kaserne Bolzaneto von Folter (einer Auffasssung, der sich Pagani anschliesst). Die anwältliche Vertretung der Gefangenen wurde oft erschwert und manchmal auch gar nicht gestattet. Das Genova Legal Forum hat, so Pagani, das Ziel, allen Repressionsopfern von Genua mindestens eine "gute technische Verteidigung" zu sichern und dass alle Anklagen fallen gelassen werden. Laut Pagani beginnen nun die ersten Prozesse gegen einzelne DemonstrantInnen, denen konkrete Straftaten vorgeworfen werden. Am 5. Dezember beginnt der Prozess gegen einen Aktivisten aus Deutschland. Diese prozesse seien (laut Pagani) isolierte Fälle, die angeblich nicht in Verbindung stehen mit jenen Prozessen, die zur Konstruktion des Schwarzen Blocks angeleiert wurden.
Zur Zeit laufen rund 300 Anzeigen des Genova Legal Forum gegen PolizistInnen, davon gegen 40 Polizisten, die an dem Überfall auf die Schule Diaz teilgenommen haben, 10 Offiziere und 20 Bullen der Gefängnispolizei (Bolzaneto). Einige Polizisten konnten durch Film- und Fotomaterial identifiziert werden und ihnen konkrete straftaten vorgeworfen werden. Ziel des GLF ist es aber darüberhinaus, dass diese PolizistInnen wegen der Bildung einer krimminellen Vereinigung (hierarchisch strukturierte Gruppe, bewaffnet mit dem Vorsatz zur Begehung von Straftaten, wie es z.B. in der Scuola Diaz geschehen ist) angeklagt werden.

Derzeit sind 5 StaatsanwältInnen mit den Ermittlungen gegen DemonstrantInnen beschäftigt, ihnen stehen alle möglichen Mittel, wie z.b. Foto- und Filmerkennungsprogramme zur Verfügung. Nur zwei StaatsanwältInnen bearbeiten die Anzeigen gegen Mitglieder der "Ordnungskräfte". Den zweien sind aber weit nicht so viele Mittel zur Verfügung gestellt worden, mit der Begründung, dass die Polizei nicht gegen die Polizei ermitteln könne.

Nicola Canestrini (Anwalt GLF und Autor der Studie "Chemische Waffen und Meinungsäusserungsrechte") sprach in seinem Statement lange zum Recht auf Gesundheit, dem Einsatz von CS-Gas in Genua, den Konventionen, die den Einsatz von Giftgas regeln, und bezeichnete Genua als "Wunde der Demokratie". Er forderte, nicht nur einzelne Polizeiangehörige gerichtlich zu verfolgen, sondern auch die politischen Hierarchien, die hinter der Polizeigewalt standen und stehen. Am 20. und 21. Juli des letzten Jahres wurden in genua 6200 Tränengasgeschosse abgefeuert. Nicht nur die Kleintierhandlungen Genuas hatten nach dem G8 eine überdurchschnittliche hohe Mäuse- und Kaninchensterblichkeit, auch einzelne DemoteilnehmerInnen haben immer noch mit gesundheitlichen Schäden zu leben. Ziel des GLF ist es auch, eine Untersuchung zu erwirken, die die Zusammensetzung des CS-und dessen Trägergasen und deren Folgen unter die Lupe nimmt.
In der anschliessenden Diskussion wurden vor allem noch die Frage der polizeilichen Datenbeschaffung, -weitergabe und -speicherung vertieft wie durch die Datei der "links motivierten" Straftaten in Deutschland oder das Schengen-Informations-System.

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